Heute vor 82 Jahren
Der „Anschluss“ an Hitlerdeutschland fegt 1938 ein Österreich von der Landkarte, das sich schon fünf Jahre zuvor von seiner noch sehr jungen Demokratie verabschiedet hatte. Ella Lingens steht nach der gewaltsamen Machtübernahme durch die Nationalsozialisten vor der Wahl, auszuwandern oder zu bleiben. Sie fragt sich, ob es ein Bleiben gäbe, ohne mitschuldig zu werden. Sie und ihr Ehemann beschließen, unter einer Bedingung im Land zu bleiben: Sie werden keinem, der von dem Regime verfolgt wird und sie bittet, ihm zu helfen, je ihre Hilfe verweigern.
Nur wenige Monate nach diesem Entschluss werden sie schon auf die harte Probe gestellt. Während des Novemberpogroms, der sog. Reichskristallnacht, gewähren Ella Lingens und ihr Ehemann Kurt in ihrer Wohnung zehn jüdischen Mitbürgern Unterschlupf. Diese und auch weitere Taten der Mitmenschlichkeit werden Ella Lingens zum Verhängnis. Sie wird verhaftet und in das KZ Auschwitz gebracht, um dort für ihren Widerstand zu büßen.
Der Begriff "Reichskristallnacht" wurde von den Nationalsozialisten geprägt. Er ist die Umschreibung der Gräueltaten, die in der Nacht des 9. auf den 10. November 1938 stattfanden. In dieser Nacht und auch in den Folgetagen wurden in ganz Deutschland Juden aus ihren Wohnungen gezerrt, öffentlich gedemütigt geschlagen, und ermordet. Wohnungen wurden geplündert, jüdische Geschäfte ausgeraubt, zerstört und Synagogen angezündet.
Die Bilanz dieser Nacht und der Tage danach ist erschreckend: Über 1400 Synagogen und Gebetshäuser waren abgebrannt, mindestens 8000 jüdische Geschäfte zerstört sowie zahllose Wohnungen verwüstet. Ungefähr 1300 Juden waren ermordet worden.
Die Ausschreitungen waren von den Nationalsozialisten angeordnet und durchgeführt, haben aber in einer von Judenhass und Angst durchwirkten Gesellschaft viele Mittäter und Zuschauer und nur wenige Hilfeleistende gefunden.